Schon in der Fahrschule wird einem eingeschärft, wie man sich nach einem Unfall im Straßenverkehr verhalten sollte. Einschalten der Warnblinker, Aufstellen des Warndreiecks, Notarzt oder Polizei anrufen sowie Erste Hilfe leisten, bis die Rettungskräfte den Unfallort erreichen. Leider verhält es sich oft so, dass viele Fahrer nach einem Unfall in Panik verfallen und nicht wissen, was zu tun ist. Einige entscheiden sich dafür, den Konsequenzen ganz aus dem Weg zu gehen und fahren einfach weiter. Wenn Autofahrer Unfallflucht begehen, müssen sie normalerwiese damit rechnen, ihren Führerschein zu verlieren. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie zwei Fälle vor Gericht zeigen.
Bisher stand fest: Wer Unfallflucht begeht, riskiert seinen Führerschein. Sind jedoch keine Menschen zu Schaden gekommen und ist der Schaden am anderen Fahrzeug relativ gering, gibt es in der Regel keinen Grund für einen Entzug der Fahrerlaubnis. Das entschied zumindest das Landgericht Nürnberg-Fürth.

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Im konkreten Fall beschädigte ein Autofahrer mit seinem Wagen beim Ausparken ein danebenstehendes Fahrzeug. Der Mann bemerkte den Unfall und wusste auch, dass er einen nicht unbedeutenden Sachschaden verursacht hatte. Er habe, so die Staatsanwaltschaft, trotzdem ohne eine angemessene Zeit abzuwarten, die Unfallstelle verlassen und sich damit als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Das sah das Gericht aber anders und begründete sein Urteil wie folgt: Der Mann sei nicht dringend verdächtig, sich unerlaubt vom Unfallort entfernt zu haben, obwohl er wusste oder wissen konnte, „dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden“ sei – wie es im Strafgesetzbuch steht. Aufgrund von Zeugenaussagen bestehe zwar der dringende Verdacht der Unfallflucht, aber der Unfall habe keinen bedeutenden Schaden am anderen Auto verursacht. Dieser liegt laut Gericht erst ab einer Höhe von 2.500 Euro vor und im besagten Fall waren es nur 2.114 Euro. Somit durfte der Mann seinen Führerschein behalten.
Ein weiterer Fall zeigt ebenfalls, dass man nicht gleich seinen Führerschein verliert, wenn man Unfallflucht begeht. Der Fahrer zeige sich zwar in der Situation ungeeignet, um am Straßenverkehr teilzunehmen. Dies muss aber nicht immer der Fall sein, entschied das Oberlandesgericht Hamburg (AZ: 2 Rev 50/18). Die Begründung der Richter lautete wie folgt: War der Betroffene vorher nicht auffällig und ebenso über einen längeren Zeitraum nach der Tat nicht, muss der Führerschein nicht gleich entzogen werden. Eine weitere Ausnahme ist ebenfalls, wenn der Fahrer sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden hat.
Das entschied das Oberlandesgerichts Hamburg im Fall einer Frau, die sich 2016 unerlaubt von einem Unfallort entfernt und vorher einen Sachschaden von rund 2.000 Euro verursacht hatte. 2017 erhielt sie dafür einen Strafbefehl. Eine Geldstrafe wurde angeordnet und der Führerschein eingezogen. Das Amtsgericht in Hamburg sprach sie jedoch frei. Das Landgericht Hamburg verurteilte sie wiederum im Januar 2018 und zog erneut ihren Führerschein ein. Dagegen wehrte sich die Frau mit Erfolg, denn nach Auffassung des Oberlandesgerichts hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Frau vor der Unfallflucht im Straßenverkehr nicht auffällig war. Auch fuhr sie nach dem besagten Vorfall ein Jahr und sieben Monate weiter Auto, ohne auffällig zu werden. Sie habe sich daher nicht als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs erwiesen. Hinzu komme, dass sie sich während der Tat in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, so die Richter weiter. Denn im besagten Fall hatte die Frau kurz zuvor erfahren, dass ihr in der Türkei lebender Ehemann ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Auch sei ein Schaden von rund 2.000 Euro nicht zu hoch, um deshalb die Fahrerlaubnis einzuziehen.
Grundsätzlich gilt: In Deutschland ist Unfallflucht eine Straftat, die neben einer Geldstrafe auch dazu führen kann, dass die Fahrerlaubnis entzogen wird. Rechtsanwälte für Verkehrsrecht informieren darüber, wann es sich um Fahrerflucht handelt, welche Folgen damit für Unfallbeteiligte einhergehen und ob bei Unfallflucht die Versicherung zahlt.