Im Kern des neuen Gesetzes zur Arbeitszeiterfassung geht es darum, jede Arbeitsstunde aller Mitarbeiter genau zu dokumentieren. Das klingt zunächst vor allem nach einem großen Aufwand und totaler Kontrolle, verfolgt jedoch ein anderes Ziel: Das Gesetz soll Arbeitnehmern künftig helfen. Denn ohne eine vollständige Arbeitszeiterfassung sei es für Mitarbeiter kaum möglich, Arbeitszeiten und vor allem Überstunden verlässlich zu erfassen und somit auch nicht eigene Rechte und Ansprüche durchzusetzen, argumentiert der Europäische Gerichtshof.
So sollen dank der neuen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung unbezahlten Überstunden der Gar ausgemacht werden. Die neue Arbeitszeiterfassung geht dabei einen Schritt weiter als die bisher in Deutschland geltenden Regelungen, die laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nur die Höchstarbeitszeit pro Wochentag beziehungsweise Woche regelt. Darunter auch die Pausen und Ruhezeiten, als auch die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie Nachtschichten.
Bisher war es lediglich Pflicht, Mehrarbeit und Überstunden zu erfassen, also die Stunden, die über die geregelte Arbeitszeit hinaus gehen. Künftig müssen nun sämtliche Arbeitsstunden aufgezeichnet werden.
Stechuhr vs. Chipkarte
Die neue Regelung zur Arbeitszeiterfassung macht die Dokumentation der Arbeitszeit unbedingt erforderlich. Doch wie das in den einzelnen Fällen erfolgen soll, müssen Arbeitgeber und Unternehmen selbst stemmen. Chip, digitale Stechuhr, Apps für mobile Endgeräte und Co. – dank immer neuer technischer Entwicklungen ist es schwierig, sämtliche Möglichkeiten zeitnah aufzunehmen.
Als eines der ersten Geräte zur Arbeitszeiterfassung wurde die Stempeluhr Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt, die zeitgleich als Kontroll- oder Stechuhr fungierte. Das Prinzip war einfach: Jeder Mitarbeiter erhielt seine persönliche Karte aus Karton, die beim Kommen und beim Gehen in die Stempeluhr gesteckt und automatisch abgestempelt wurde.
Mittlerweile gibt es verschiedene Geräte und Apps zur Arbeitszeiterfassung. Die alte Stempeluhr wird mittlerweile oft durch ein elektronisches Terminal ersetzt. Mitarbeiter halten eine Chipkarte davor, werden im System erfasst und können sogar Einblicke in folgende Informationen nehmen: Bisher geleistete Arbeitszeit, Anzahl der Urlaubstage, der Fehltage und der Überstunden.
Eine weitere Art der Arbeitszeiterfassung erfolgt per Fingerabdruck, einer speziellen Software oder mit Excel. Worauf Unternehmen im konkreten Fall zurückgreifen, hängt vom Budget und des zu erwartenden Zeitaufwands ab. Umgekehrt kann die Arbeitszeiterfassung aber auch zur Kontrolle von Mitarbeitern dienen – sollte sich herausstellen, dass Arbeitszeiten von beiden Seiten nicht wie vereinbart eingehalten werden. Etwa wenn Arbeitgeber, die Mitarbeiter zu viel und zu lange arbeiten lassen und auch wenn Arbeitnehmer, die regelmäßig weniger arbeiten, als vereinbart wurde. Überstunden oder Lücken in der Arbeitszeit lassen sich dank vollständiger Arbeitszeiterfassung leicht erkennen. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer wenig Gutes zu erwarten. Daher ist es wichtig, dass klare Regelungen bestehen und die Dokumentation der Arbeitszeiterfassung sowohl verständlich als auch einwandfrei ist.
Was genau bedeutet Arbeitszeiterfassung?
Darunter versteht man die verschiedenen Möglichkeiten, Arbeitszeiten von Arbeitnehmern möglichst genau zu erfassen und festzustellen, wie lange Angestellte tatsächlich arbeiten. Der Arbeitsvertrag regelt die Bezahlung als Gegenleistung für die erbrachte Anzahl an Arbeitsstunden. Mitarbeiter müssen die vereinbarte Arbeitszeit erbringen, sind aber nicht verpflichtet, ohne Ausgleich mehr zu arbeiten. Die Arbeitszeiterfassung ist eine Kontrolle für beide Seiten.
Grundsätzlich sind dabei folgende Vorschriften zu beachten:
- Der Mitarbeiter ist über die Arbeitszeiterfassung informiert und kennt den Zuständigen
- Beide Vertragsparteien sowie Personalabteilung haben Zugriff auf die Arbeitszeiterfassung
- Außer den autorisierten Personen sowie den Vertragsparteien haben lediglich Behörden Zugang zu den Daten
Wer bisher seine Arbeitszeit nicht lückenlos dokumentiert hat, konnte nur schwer nachweisen, wie viele Überstunden er tatsächlich geleistet hat. Durch das neue Urteil zur Arbeitszeiterfassung soll Arbeitnehmern dabei geholfen werden und so zusätzlich der Schutz von Arbeitnehmern gesteigert werden. Durch die nun damit einhergehende größere Transparenz und Regulation soll verhindert werden, dass Mitarbeiter ausgebeutet oder in Arbeitszeiten gedrängt werden, die dem Gesetz widersprechen. Denn weniger Stress bedeutet mehr Gesundheit, argumentierten die Richter.
Schwierig ist die Erfassung der Arbeitszeit, wenn Angestellte nicht ausschließlich am festen Arbeitsplatz, beispielsweise im Büro, tätig sind. Zu Beginn der Arbeitszeit kann sich nämlich jeder Mitarbeiter anmelden und zum Feierabend abmelden. Allerdings sieht der Arbeitsalltag nicht in allen Branchen so aus. Angesichts der heute so vielfältigen Arbeitszeitmodelle stellt sich daher die berechtigte Frage, inwieweit eine korrekte, sprich durchgehend dokumentierte Arbeitszeiterfassung überhaupt möglich ist. Wie verhält es sich bei Dienstreisen oder im Home-Office? Über mobile Lösungen kann sich der Mitarbeiter zwar auch hier an- und abmelden, doch wie sieht es mit längeren Kaffeepausen oder Botengängen sowie Dienstreisen aus? Muss der Mitarbeiter dann jedes Mal angeben, dass er gerade seine Arbeitszeit unterbricht? Und wie sollte der Arbeitgeber überhaupt kontrollieren, ob wirklich gearbeitet wird oder gerade einer ganz anderen Beschäftigung nachgegangen wird?
Für diese Herausforderungen müssen erst noch individuelle Lösungen gefunden werden – der Gesetzgeber steht also in der Pflicht, das neue Urteil zur Arbeitszeiterfassung gegebenenfalls mit weiteren Regelungen zu ergänzen und somit den Arbeitgebern und Mitarbeitern unter die Arme zu greifen. Mehr Informationen und Hilfestellungen zum Gesetz zur Arbeitszeiterfassung können Fachanwälte für Arbeitsrecht bieten.